Akzeptanz erlernen in Therapie: Akzeptanz ist keine Resignation, sondern eine bewusste Entscheidung und ein aktiver psychologischer Prozess.

Akzeptanz ist in der Psychologie und Psychotherapie ein zentrales Konzept, das tiefgreifende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hat. Doch was bedeutet es eigentlich „akzeptieren zu lernen“ – und warum fällt es vielen Menschen so schwer? In diesem Beitrag beleuchten wir, wie Menschen durch Akzeptanzarbeit lernen können, sich selbst und andere anzunehmen, schwierige Lebensumstände zu akzeptieren und so ein gesünderes und erfüllteres Leben zu führen.
Was bedeutet Akzeptanz in der Psychologie?
Im psychologischen Sinne bedeutet Akzeptanz, etwas so anzunehmen, wie es ist – ohne es zu verleugnen, zu verdrängen oder zwanghaft verändern zu wollen. Dies kann sich auf Gedanken, Gefühle, Eigenschaften, Lebensumstände oder auch andere Menschen beziehen.
Es geht nicht darum, alles gutzuheißen, sondern eine Haltung zu entwickeln, die erlaubt: „Es ist, wie es ist – und ich kann damit umgehen.“
Akzeptanz erlernen in Therapie: Akzeptanz ist dabei keine passive Resignation, sondern ein aktiver psychischer Prozess. Wer akzeptieren lernt, übernimmt Verantwortung für sein inneres Erleben, ohne in einem ständigen Kampf mit sich selbst oder der Realität zu stehen.
Selbstakzeptanz – der erste Schritt zu innerem Frieden
Ein zentraler Bestandteil psychischer Gesundheit ist die Selbstakzeptanz. Viele Menschen kämpfen mit inneren Selbstzweifeln, Schuldgefühlen oder einem negativen Selbstbild. Die Frage „Wie akzeptiere ich mich selbst?“ steht dabei oft am Anfang eines therapeutischen Prozesses.
Selbstakzeptanz bedeutet, sich selbst mitsamt Schwächen, Gefühlen, Körper, sexueller Orientierung oder Vergangenheit anzunehmen. Das kann zum Beispiel beinhalten, Bisexualität zu akzeptieren, anstatt sie zu verleugnen oder zu unterdrücken – ein Prozess, der für viele Menschen mit inneren und äußeren Konflikten verbunden ist.
Wenn Menschen lernen, sich selbst zu akzeptieren, reduziert sich die innere Spannung. Sie werden emotional stabiler, resilienter und offener für Entwicklung.
Warum fällt Akzeptieren so schwer?
Viele Menschen verwechseln Akzeptanz mit „Aufgeben“. In einer Gesellschaft, die Selbstoptimierung, Kontrolle und Leistung betont, erscheint es fast wie ein Rückschritt, unangenehme Gefühle oder schmerzhafte Lebensereignisse einfach anzunehmen, statt sie zu „lösen“.
Zudem haben wir oft die Illusion, dass wir alles kontrollieren können – was jedoch in vielen Lebensbereichen nicht zutrifft. Wenn dann ein Schicksalsschlag, eine Trennung, Krankheit oder ein ungewollter Lebensverlauf eintritt, fühlen wir uns ohnmächtig. Die Weigerung, diese Realität zu akzeptieren, führt nicht selten zu Verbitterung, Depressionen oder Angststörungen.
Die Folgen mangelnder Akzeptanz
Ein Mensch, der wichtige Aspekte seiner selbst oder seines Lebens nicht akzeptieren kann, lebt in einem ständigen inneren Widerstand. Das kann sich unter anderem folgendermaßen äußern:
- Chronischer Stress und innere Anspannung
- Depressive Symptome wie Antriebslosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Selbstabwertung
- Angststörungen aufgrund des Kontrollverlustes
- Zwänge oder Suchtverhalten als Versuch, unangenehme Gefühle zu vermeiden
- Beziehungsprobleme, weil man andere nicht „so sein lassen kann, wie sie sind“
- Vermeidungshaltungen, die langfristig zu Isolation und Stagnation führen
Ein Beispiel ist der Umgang mit einer Trennung. Wer sich in Gedanken ständig fragt: „Warum ist das passiert?“ oder „Wie hätte ich es verhindern können?“ und die Realität nicht akzeptieren lernen kann, bleibt emotional in der Vergangenheit gefangen. Das Trennung akzeptieren lernen ist daher oft ein zentrales Thema in der Psychotherapie.
Akzeptanz lernen: Ein therapeutischer Prozess
Akzeptanz erlernen in Therapie: Akzeptanz ist lern- und trainierbar. In vielen modernen psychotherapeutischen Verfahren ist sie sogar ein Kernbestandteil.
1. Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)
Die ACT (Acceptance and Commitment Therapy) gehört zu den sogenannten „dritten Welle“-Verfahren der Verhaltenstherapie. Ziel ist es, einen gesunden Umgang mit belastenden Gedanken und Gefühlen zu entwickeln, statt diese zu bekämpfen oder zu vermeiden.
ACT basiert auf sechs Kernprozessen:
- Akzeptanz statt Vermeidung
- Kognitive Defusion (Distanz zu Gedanken)
- Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment
- Selbst-als-Kontext (flexibles Selbstbild)
- Werteklärung
- Verhaltensverpflichtung
Menschen lernen durch ACT unter anderem, mit schwierigen Emotionen oder inneren Anteilen (z. B. Scham über die eigene Sexualität) liebevoll umzugehen, statt sich dafür zu verurteilen.
2. Schematherapie
Auch die Schematherapie arbeitet stark mit dem Konzept der Selbstakzeptanz. Viele psychische Probleme entstehen laut dieser Therapieform durch frühe ungünstige Erfahrungen, die zu dysfunktionalen „Schemata“ führen – z. B. dem Gefühl „Ich bin nicht liebenswert“.
Therapeutisch wird daran gearbeitet, diese Schemata zu erkennen, zu hinterfragen und durch gesunde, selbstakzeptierende innere Anteile zu ersetzen.
3. Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT)
Die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie verbindet Elemente aus Meditation, Achtsamkeit und Verhaltenstherapie. Dabei lernen Menschen, ihre Gedanken und Gefühle zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren oder sie sofort verändern zu wollen. Gerade bei wiederkehrenden depressiven Episoden hat sich MBCT als wirksam erwiesen.
„Menschen akzeptieren, wie sie sind“ – ein gesellschaftliches Thema
Akzeptanz hört nicht bei der eigenen Person auf. Viele Konflikte in Partnerschaften, Familien oder Gesellschaften entstehen daraus, dass wir andere Menschen nicht so sein lassen können, wie sie sind.
Wer aber akzeptiert, dass der Partner nicht perfekt ist, dass der Teenager sich anders entwickelt, als man es sich gewünscht hätte, oder dass jemand eine andere sexuelle Identität hat, erleichtert nicht nur das Miteinander, sondern entlastet sich auch selbst.
Wie kann ich Akzeptanz im Alltag üben?
Hier einige konkrete Übungen, um Akzeptanz zu lernen:
- Gedanken beobachten statt bewerten: „Ich bin nicht gut genug“ – Statt diesen Gedanken zu glauben, sage: „Da ist wieder dieser Gedanke.“
- Akzeptanz-Tagebuch führen: Was war heute schwer zu akzeptieren? Was hat dir geholfen, es anzunehmen?
- Sich selbst liebevoll begegnen: Täglich 5 Minuten in den Spiegel sehen und sagen: „Ich bin okay, so wie ich bin.“
- Radikale Akzeptanz üben: Inspiriert von der DBT (Dialektisch-Behaviorale Therapie), bedeutet dies, 100 % einer Situation zu akzeptieren, auch wenn sie schmerzt.
Fazit: Freiheit durch Akzeptanz
Ob es um dein Selbstbild, andere Menschen, eine schmerzhafte Trennung, die eigene Sexualität, eine belastende Konfliktsituation oder eine Erkrankung geht – das Erlernen von Akzeptanz ist kein einfacher, aber ein sehr wichtiger und heilsamer Schritt auf dem Weg in ein erfülltes Leben und deine persönliche Freiheit.
Menschen, die lernen zu akzeptieren, leben authentischer, innerlich ruhiger und resilienter. Sie sind weniger im Widerstand mit dem Leben und mehr in Einklang mit sich selbst. Akzeptanzarbeit ist daher kein Rückzug – sondern eine kraftvolle Grundlage für psychisches Wachstum und Heilung.
Akzeptanz erlernen in Therapie: möchtest du aktiv und bewusst erlernen, wie du dich selbst, deine Mitmenschen, Gegebenheiten und Situationen besser akzeptieren kannst? Lass uns im kostenlosen Erstgespräch darüber sprechen!
Quellen:
- Hayes, S. C., Strosahl, K. D., & Wilson, K. G. (1999). Acceptance and Commitment Therapy: An Experiential Approach to Behavior Change. Guilford Press.
- Young, J. E., Klosko, J. S., & Weishaar, M. E. (2003). Schema Therapy: A Practitioner’s Guide. Guilford Press.
- Segal, Z. V., Williams, J. M. G., & Teasdale, J. D. (2018). Mindfulness-Based Cognitive Therapy for Depression. Guilford Publications.
- Linehan, M. M. (1993). Cognitive-Behavioral Treatment of Borderline Personality Disorder. Guilford Press.
- Neff, K. D. (2011). Self-Compassion: The Proven Power of Being Kind to Yourself. William Morrow.