Trauma verstehen: Ursachen, Symptome, Behandlung

Trauma erkennen und behandeln: Trauma geht einher mit einer Erschütterung des Weltbilds sowie Gefühlen von Kontrollverlust & Hilflosigkeit.

Trauma erkennen und behandeln - Weinende Person mit blauem Auge – Symbol für Kindheitstrauma, emotionale Verletzungen und seelische Wunden aus der Kindheit

Ein Trauma hinterlässt keine sichtbaren Narben – und doch wirkt es tief in Körper, Psyche und Nervensystem hinein. Besonders Kindheitstraumata, Entwicklungstraumata und komplexe posttraumatische Belastungsstörungen (komplexe PTBS) beeinflussen nicht nur das kindliche Erleben, sondern prägen auch das gesamte Erwachsenenleben.

Doch was genau ist ein Trauma? Welche Symptome deuten darauf hin – und wie kann psychologische Therapie dabei helfen, Traumata zu verarbeiten und ein stabiles, lebenswertes Leben aufzubauen?

Was ist ein Trauma?

Ein Trauma ist eine seelische Verletzung, die entsteht, wenn ein Mensch eine Situation erlebt, die ihn körperlich oder emotional überwältigt und keine psychischen oder körperlichen Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dies geht oftmals einher mit einer Erschütterung des Selbst- und Weltbilds sowie Gefühlen von Kontrollverlust, Ohnmacht und Hilflosigkeit. Zu solchen Situationen zählen:

  • Gewalt in der Kindheit (körperlich, emotional, sexuell)
  • Emotionale Vernachlässigung
  • Verlust eines Elternteils oder Bezugsperson
  • Flucht, Krieg, Missbrauch
  • Bindungsabbrüche (z. B. durch Heimunterbringung)
  • Chronische Überforderung ohne Hilfe

PTBS und komplexe PTBS – was bedeutet das?

Die Begriffe PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) und PTSD (Post-Traumatic Stress Disorder) bezeichnen dieselbe Störung – einmal auf Deutsch, einmal auf Englisch. Diese Erkrankungsbilder können nach einmaligen traumatischen Erlebnissen wie z.B. Autounfällen oder einer Gewalterfahrung auftreten, falls diese nicht ausreichend verarbeitet werden können.

Die komplexe PTBS (komplexe posttraumatische Belastungsstörung) entsteht häufig durch langandauernde Traumatisierung in der Kindheit, insbesondere durch emotionalen Missbrauch, Vernachlässigung oder frühkindliche Traumatisierung.

Typische Symptome sind:

  • Intrusionen (Flashbacks, Albträume)
  • Vermeidung (z. B. bestimmte Situationen umgehen, keine Nähe zulassen)
  • Hyperarousal (ständige Anspannung, Reizbarkeit)
  • Negatives Selbstbild („Ich bin schuld“, „Ich bin nichts wert“)
  • Dissoziation (sich wie abgespalten oder nicht real fühlen)

Kindheitstrauma: Wie frühe Verletzungen das ganze Leben prägen

Ein Kindheitstrauma bleibt oft lange verborgen – denn Kinder haben keine Sprache für das, was ihnen fehlt oder weh tut. Verdrängte Gefühle aus der Kindheit wirken im Unterbewusstsein weiter und beeinflussen Beziehungen, Selbstwertgefühl, Stressreaktionen und Bindungsfähigkeit im Erwachsenenalter.

Typische Spätfolgen im Erwachsenenleben

  • Beziehungsunfähigkeit, Bindungsangst
  • Gefühl von innerer Leere oder Verlassenheit
  • Suchtverhalten, Selbstverletzung, Essstörungen
  • Chronische Erschöpfung, psychosomatische Beschwerden
  • Keine Kindheitserinnerungen haben – dies kann ein Hinweis auf frühkindliche Traumatisierung sein

Viele Betroffene stellen sich erst im Erwachsenenalter die Frage: „Habe ich ein Trauma?“

Entwicklungstrauma – wenn das Nervensystem nie zur Ruhe kommt

Ein Entwicklungstrauma entsteht, wenn ein Kind über längere Zeit in einem emotional unsicheren, instabilen oder bedrohlichen Umfeld lebt. Es geht dabei weniger um ein einzelnes dramatisches Ereignis, sondern um dauerhafte emotionale Überforderung.

Entwicklungstrauma: Symptome bei Erwachsenen

  • Chronisches Gefühl von Unsicherheit oder Misstrauen
  • Schwierigkeiten mit Nähe und Intimität
  • Identitätsprobleme, diffuses Selbstbild
  • Rückzug, Konfliktvermeidung, Angst vor Nähe
  • Wiederkehrende Lebensmuster, die sich schwer durchbrechen lassen

Welche Formen der Therapie helfen bei Kindheitstrauma?

Trauma erkennen und behandeln: ein Trauma heilen bedeutet nicht, das Erlebte ungeschehen zu machen. Es bedeutet, dem Schmerz Raum zu geben, ihn sicher zu verarbeiten und das Nervensystem zu regulieren. Ziel ist nicht „Heilung“ im klassischen Sinne, sondern:

  • Symptomlinderung
  • Erhöhte Lebensqualität
  • Wiedererlangen von Selbstwirksamkeit und emotionaler Stabilität

Formen der Traumatherapie:

  1. Psychotherapie zur Kindheits-Aufarbeitung
    → z. B. Gesprächstherapie, Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Therapie
  2. EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)
    → besonders wirksam bei PTBS und komplexer PTBS
  3. Somatic Experiencing
    → hilft, das Trauma über den Körper zu lösen
  4. Bindungstrauma heilen durch Beziehungsarbeit
    → therapeutische Beziehung als sicherer Ort für neue Erfahrungen
  5. Trauma heilen: Übungen für den Alltag
    Achtsamkeit, Atemübungen, Körperarbeit, Selbstmitgefühl

„Trauma selbst heilen“ – geht das?

Diese Frage stellen sich viele Betroffene. Es ist wichtig zu wissen:
Man kann viel selbst tun – aber man muss es nicht allein schaffen.

Die Verarbeitung eines Kindheitstraumas braucht oft Begleitung, weil das Nervensystem alleine keinen sicheren Referenzpunkt hat. So können Betroffene durch Gesprächstherapie, Selbsthilfe, Bücher, Gruppen und Körperarbeit wichtige Schritte gehen.

Hilfreiche Fragen:

  • Was ist ein Kindheitstrauma – und wie zeigt es sich in meinem Leben?
  • Welche Therapie kann mir helfen, die Kindheit aufzuarbeiten?
  • Wie kann ich mein Verlassenheitstrauma erkennen und würdigen?
  • Wie äußern sich seelische Verletzungen aus der Kindheit heute – in Beziehungen, im Job, im Selbstbild?

Kindheit aufarbeiten – welche Therapie?

Wer seine Kindheit aufarbeiten möchte, sollte sich nicht nur auf das Sprechen über Erinnerungen konzentrieren, sondern körperliche, emotionale und zwischenmenschliche Ebenen mit einbeziehen.

Therapieformen im Überblick:

  • Psychodynamische Therapie: Erforscht Kindheitserfahrungen und deren Wirkung
  • Systemische Therapie: Betrachtet familiäre Muster und Familientraumata
  • Körperpsychotherapie: Hilft, frühkindliche Traumata über das Körpergedächtnis zu lösen
  • Traumatherapie in Österreich: Gut ausgebildete Fachkräfte in Kliniken, Praxen, Online-Angeboten

Vom Überleben zum Leben – was Therapie ermöglichen kann

Trauma erkennen und behandeln: wer ein Trauma erlebt hat, ist ein Überlebender. Therapie unterstützt dabei, aus dem Überleben wieder ins Erleben zu kommen – mit echten Beziehungen, Freude, innerer Ruhe und einem stabilen Selbst.

Was möglich ist:

  • Emotionale Regulation lernen
  • Sich selbst und anderen wieder vertrauen
  • Intimität und Nähe zulassen
  • Kindheitstrauma bewältigen – Stück für Stück
  • Neue Lebensqualität durch Sicherheit, Selbstwert und Sinn

Heilung oder Linderung – was ist realistisch?

Viele fragen sich: „Ist komplexe PTBS heilbar?“
Die ehrliche Antwort: Eine vollständige „Heilung“ im Sinne von Rückgängigmachen des Erlebten ist nicht möglich.
Aber: PTBS kann gelindert werden, Symptome können stark zurückgehen, neue Lebensräume und Perspektiven können entstehen.

Medikamente bei komplexer PTBS

Bei starken Symptomen können Antidepressiva oder beruhigende Medikamente zur Stabilisierung beitragen – immer ergänzend zur Gesprächstherapie und unter ärztlicher Aufsicht.

Fazit: Traumata verstehen, annehmen, verändern

Ein Trauma definiert nicht, wer du bist – aber es erklärt, warum du fühlst, denkst und reagierst, wie du es tust.
Ob es darum geht, ein frühkindliches Bindungstrauma, verdrängte Gefühle aus der Kindheit oder ein Verlassenheitstrauma zu erkennen:
Der erste Schritt ist immer das Verstehen, der zweite das Annehmen, der dritte das Verändern – mit Geduld, Mitgefühl und professioneller Begleitung.

Hättest du gerne mehr Informationen zum Thema Trauma? Bist du unsicher, ob bei dir Anzeichen für eine Traumafolgestörung vorliegen? Möchtest du an möglicherweise traumatischen Erfahrungen aus deiner Kindheit arbeiten? Lass uns gerne im kostenlosen Erstgespräch darüber reden!

Quellen:

  • van der Kolk, B. (2014). The Body Keeps the Score. Penguin Books.
  • Rothschild, B. (2000). The Body Remembers. Norton.
  • Reddemann, L. (2005). Imagination als heilsame Kraft. Klett-Cotta.
  • Huber, M. (2021). Trauma und die Folgen. Junfermann Verlag.
  • ISSTD, EMDRIA, ÖBVP – Fachverbände für Traumatherapie